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Bidirektionales Laden - E-Auto als Stromspeicher

Mit bidirektionalem Laden wird das Elektroauto zum mobilen Energiespeicher: Erfahre, wie E-Autos durch Rückspeisung ins Netz oder Haus die Nutzung erneuerbarer Energien unterstützen und Kosten sparen.
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2024
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Aufladen von Elektroautos an einer Station mit Sonnenkollektoren

Bidirektionales Laden beschreibt die Fähigkeit von Elektroautos, nicht nur Energie aus dem Stromnetz zu beziehen, sondern diesen auch wieder abzugeben. Durch bidirektionales Laden wird das E-Auto zu weit mehr als einem Fortbewegungsmittel  - es wird zum mobilen Stromspeicher.

Im Kontext der Energiewende könnten Elektroautos durch ihre Funktion als mobile Stromspeicher eine nützliche Rolle spielen, insbesondere bei der Integration erneuerbarer Energien. Sie sind in der Lage, überschüssigen Strom zu speichern und bei Bedarf ins Netz zurückzuspeisen und so Schwankungen in der Energieproduktion auszugleichen. Diese Technik könnte für die zukünftige Energieversorgung in Deutschland und weltweit von Bedeutung sein.

Die Rolle von E-Autos als Stromspeicher für erneuerbare Energien

  • Schwankungen bei erneuerbaren Energien: Wind- und Solarenergie sind naturbedingt unbeständig und stark von den Wetterbedingungen abhängig, was die Energieversorgung vor allem in Phasen geringer Produktion herausfordert. Zudem schwankt der Energiebedarf im Tagesverlauf. Zum Beispiel ist der Strombedarf nachts oft gering, obwohl gerade dann Windkraft hohe Erträge liefern kann. In solchen Zeiten könnten Elektroautos gezielt geladen werden, um die überschüssige Energie zu speichern. Tagsüber wiederum, wenn der Bedarf steigt und möglicherweise weniger erneuerbare Energie zur Verfügung steht, könnten die vorher geladenen Elektroautos genutzt werden, um Energie zurück ins Netz zu speisen.
  • Eigenverbrauch optimieren: Durch die Kombination von Solarstrom und Elektroautos können Haushalte ihren selbst erzeugten Strom effektiver nutzen und ihre Abhängigkeit vom Stromnetz reduzieren. Überschüssige Energie lässt sich direkt in der Batterie des Elektrofahrzeugs speichern und bei Bedarf abrufen, was die Energieeffizienz des Haushalts signifikant steigert. Zudem übersteigt die Batteriekapazität von Elektrofahrzeugen oft die von typischen Heimspeichersystemen, die üblicherweise zwischen 5-15 kWh bieten. Beispielsweise verfügt der VW ID.4 über eine Batteriekapazität von 77 kWh.
  • Klimafreundlicher Energiespeicher: Elektroautos bieten eine umweltfreundlichere Alternative zu neu gebauten stationären Speichersystemen, da sie bereits vorhanden sind und durch bidirektionales Laden effizient doppelt genutzt werden können – sowohl zur Mobilität als auch als Energiespeicher.
ein KIA EV beim laden an einer Garage mit Photovoltaik

Technische Voraussetzungen: So wird dein E-Auto zum Stromspeicher

  • Das Prinzip hinter bidirektionalem Laden: Beim bidirektionalen Laden kann der Strom in beide Richtungen fließen: vom Stromnetz in die Batterie des E-Autos und zurück ins Netz. Da Haushalte Wechselstrom (AC) nutzen während die Batterie Gleichstrom (DC) aufnimmt bzw. abgibt, ist eine Umwandlung nötig.
  • Benötigte Infrastruktur: Für das bidirektionale Laden sind spezielle Wallboxen notwendig, die nicht nur das Aufladen, sondern auch die Rückspeisung des zwischengespeicherten Stroms ins (Haus-)Netz unterstützen. Auch aus rechtlichen Gründen sind solche bidirektionalen Wallboxen erforderlich, um die Vorschriften zur Einspeisung ins öffentliche Netz einzuhalten.
Ein Gleichrichter wandelt Wechselstrom (AC) in Gleichstrom (DC). Ein Wechselrichter wandelt Gleichstrom (DC) wieder in Wechselstrom (AC) um.

Varianten des bidirektionalen Ladens

Vehicle-to-Home (V2H)

V2H (Vehicle-to-Home) ermöglicht es, den in der Batterie eines Elektroautos gespeicherten Strom zur Versorgung eines Hauses zu nutzen. Diese Technologie unterstützt insbesondere Hausbesitzer mit Photovoltaikanlagen dabei, ihre Stromkosten zu senken, indem sie den Eigenverbrauch optimieren und einen hohen Grad an Autarkie erreichen.

Vehicle-to-Load (V2L)

V2L, auch bekannt als „Vehicle for Charging," ermöglicht es dir, mithilfe deines Elektrofahrzeugs externe Geräte aufzuladen. Diese Technologie, die in Modellen wie dem Hyundai IONIQ 5, Kia EV6 und MG4 verbaut ist, verwandelt dein Fahrzeug in eine mobile Stromquelle. Mit V2L kannst du unterschiedlichste Geräte, wie deinen Laptop oder ein E-Bike, mit Energie versorgen. Besonders auf Reisen oder bei Outdoor-Aktivitäten ohne Zugang zu Steckdosen erweist sich diese Funktion als nützlich und macht dein Elektroauto zu einer vielseitigen Energiequelle.

Vehicle-to-Grid (V2G)

Der Beitrag zum Stromnetz: Die V2G-Technologie ermöglicht es, Elektroautos als flexible Batteriespeicher für das öffentliche Netz zu nutzen. Dies kann zur Entlastung des Stromnetzes beitragen, insbesondere während hoher Nachfragezeiten.

V2G kann auf verschiedenen Märkten, wie dem Intraday-Markt und dem Day-Ahead-Markt, eingesetzt werden. Hier wird Preisarbitrage ermöglicht, indem Fahrzeuge zu niedrigen Preisen laden und bei höheren Preisen Energie zurückgeben. Diese „schwimmenden“ Speicher bieten Netzbetreibern die Möglichkeit, Frequenzschwankungen im Stromnetz auszugleichen und Netzengpässe zu beheben.

Zukunftsperspektive: Mit der zunehmenden Verbreitung von Elektrofahrzeugen kann sich V2G als wichtiger Bestandteil der Energiewende etablieren. Elektroautos mit bidirektionalem Laden könnten dabei helfen, kurzfristige Speicherlösungen zu bieten und Netzengpässe effizient auszugleichen und Investitionskosten in stationäre Energiespeichersysteme zu senken.

Fallstudie: V2X Suisse – Bidirektionales Laden von Elektrofahrzeugen in der Schweiz

Das V2X Suisse Projekt, gestartet 2022, untersucht in der Schweiz das Potenzial des bidirektionalen Ladens, um das Stromnetz durch Elektrofahrzeuge zu stabilisieren. In Kooperation mit Partnern wie Mobility (Carsharing-Anbieter), Honda und der ETH Zürich wird getestet, wie Elektrofahrzeuge nicht nur geladen, sondern auch überschüssige Energie ins Netz zurückgespeist werden kann.

Im Projekt kommen 50 Honda e EVs an 40 Mobility-Stationen mit bidirektionalen DC-Ladepunkten zum Einsatz. Diese Fahrzeuge sind in der Lage, bis zu 20 kW Strom ins Netz zurückzuspeisen, wenn sie nicht genutzt werden. Der Versuch ist ein wichtiger Schritt zur praktischen Erprobung der V2G-Technologie, sowohl in städtischen als auch in ländlichen Regionen.

BMW E-Auto beim Laden an Wallbox

Bidirektionale Ladetechnik und Nachhaltigkeit – Modelle und Infrastruktur

Wallboxen für bidirektionales Laden

Für die Nutzung eines E-Autos als Stromspeicher benötigt man spezielle Wallboxen für bidirektionales Laden. Diese Wallboxen arbeiten besonders gut in Kombination mit Photovoltaikanlagen, um überschüssige Solarenergie optimal zu nutzen. Zu den gängigen Modellen zählen beispielsweise die openWB Pro, die E3/DC Edison BiDi-Wallbox und der VW ID. Charger. Diese Systeme unterstützen V2H oder V2G Anwendungen und helfen, die Abhängigkeit vom Stromnetz zu reduzieren und Kosten zu sparen.

Technische Standards und Kompatibilität

Der Standard ISO 15118-20 beschreibt die Kommunikation zwischen Elektrofahrzeug und Ladeinfrastruktur und bildet die Grundlage für die erfolgreiche Integration des bidirektionalen Ladens. Für Hausbesitzer ist es entscheidend, auf die Kompatibilität ihrer Ladeinfrastruktur zu achten, insbesondere bei der Nutzung von Smart-Grid-fähigen Systemen und bidirektionalen Wallboxen. Diese Systeme müssen den aktuellen und zukünftigen Normen entsprechen, um sowohl das Laden als auch die Rückspeisung ins Netz sicher und nach Vorschrift zu gestalten.

Welche Autos können bidirektional laden?

Eine umfassende Übersicht der aktuellen Modelle, die bidirektionales Laden unterstützen, finden Sie auf der Website des ADAC. Hier ein paar Beispielfahrzeuge und ihre Funktionen:

  • Cupra Born (mit 77 kWh): Unterstützt V2H sowie für V2G vorbereitet.
  • Hyundai Ioniq 5 / 6: Bietet V2L, wodurch externe Geräte direkt über das Fahrzeug geladen werden können.
  • Kia EV6 / Niro EV: Verfügt über V2L-Funktionalität.
  • Skoda Enyaq (mit 77 kWh): Unterstützt V2H und für V2G vorbereitet.
  • Volvo EX90: Unterstützt V2L, V2H und V2G.
  • VW ID. Modelle (ID.3, ID.4, ID.5, ID.Buzz) (mit 77 kWh): Kompatibel für V2H und vorbereitet für V2G.

Herausforderungen und Grenzen des bidirektionalen Ladens

Lebensdauer der Batterie

Es wird befürchtet, dass häufiges Be- und Entladen der Autobatterie durch bidirektionales Laden, wie bei V2G oder V2H, die Batterie schneller altern lassen könnte. Dies könnte eine Herausforderung darstellen, da die Lebensdauer der Batterie durch regelmäßige Nutzung bidirektionaler Ladevorgänge potenziell beeinträchtigt werden kann. Eine mögliche Lösung sind intelligente Ladealgorithmen, die die Ladezyklen optimieren und die Batterie in einem sicheren Bereich halten, um eine übermäßige Abnutzung zu verhindern. Dennoch bleibt die Frage offen, wie Autohersteller in Bezug auf Garantien und Haftung auf diese zusätzliche Beanspruchung der Batterie reagieren.

Hohe Anschaffungskosten

Die aktuellen Kosten für bidirektionale Wallboxen, Ladekabel und Installationen sind relativ hoch und können für Privathaushalte eine finanzielle Hürde darstellen. Diese Kosten übersteigen die von einfachen Ladestationen deutlich und können in die Tausende gehen. Allerdings ist zu erwarten, dass die Preise für diese Technologien mit zunehmender Verbreitung tendenziell sinken werden.

Regulatorische und technische Hürden

  • Unvollständiger rechtlicher Rahmen: In Europa und speziell in Deutschland fehlt eine umfassende Gesetzgebung für bidirektionales Laden und speziell für V2G. Diese Unsicherheit hemmt Investitionen und macht es Privatpersonen und Unternehmen schwer, das Potenzial der Technologie auszubauen.
  • Steuerliche Barrieren: Eine der größten Hürden stellt die Doppelbesteuerung des zwischengespeicherten Stroms dar. In der Regel wird der zurückgespeiste Strom sowohl bei der Einspeisung als auch bei der Nutzung versteuert. Diese steuerlichen Hürden machen das bidirektionale Laden weniger attraktiv, da die wirtschaftlichen Vorteile durch hohe Abgaben geschmälert werden. Eine steuerliche Gleichstellung könnte hier Abhilfe schaffen.
  • Abrechnung und Marktintegration: Standardisierte Abrechnungsmodelle fehlen aktuell, was die Einspeisung ins Netz erschwert. Innovative Ansätze wie Blockchain-basierte Lösungen versprechen hier Transparenz, stehen aber noch am Anfang.
  • Technische Herausforderungen im Lastmanagement: Intelligente Lastmanagementsysteme sind notwendig, um Energieflüsse zu optimieren und das Netz zu entlasten. Diese sind noch in der Entwicklung und erfordern weitere Investitionen.
zwei Autos auf Straße durch grüne Natur

Fazit: Die Rolle des E-Autos als nachhaltiger Stromspeicher

Das bidirektionale Laden bietet eine vielversprechende Möglichkeit, Elektrofahrzeuge nicht nur als Transportmittel, sondern auch als mobile Energiespeicher zu nutzen. Verschiedene Akteure, darunter EV-Besitzer, Netzbetreiber und Energieversorger spielen eine wesentliche Rolle bei der Entwicklung dieses neuen Ökosystems. EV-Besitzer profitieren von zusätzlichen Einnahmen durch die Rückspeisung von Energie ins Netz oder einem höheren Autarkiegrad ihres Eigenheims, während Netzbetreiber die Flexibilität der Fahrzeuge zur Stabilisierung des Stromnetzes nutzen können.

Aktuelle Herausforderungen umfassen hohe Anschaffungskosten, Bedenken bezüglich der Batterielebensdauer und das Fehlen eines umfassenden rechtlichen Rahmens. Dennoch schaffen innovative Geschäftsmodelle Anreize, die das bidirektionale Laden zu einer attraktiven Option machen, insbesondere für EV-Besitzer, die selbst Strom produzieren und nutzen. Mit zunehmender Entwicklung und Kooperation zwischen Regierungen, Industrie und Energieversorgern könnte diese Technologie einen Beitrag zur Energiewende spielen.

Quellen:

https://www.mckinsey.com/capabilities/sustainability/our-insights/how-battery-storage-can-help-charge-the-electric-vehicle-market

https://www.mckinsey.com/industries/automotive-and-assembly/our-insights/enabling-renewable-energy-with-battery-energy-storage-systems

https://www.mdpi.com/2032-6653/15/3/98

https://www.mdpi.com/1996-1073/13/5/1153

https://www.e-mobilbw.de/fileadmin/media/e-mobilbw/Publikationen/Studien/Potenzialanalyse_bidirektionales_Laden.pdf

FAQ zu diesem Thema

Was ist bidirektionales Laden?
Bidirektionales Laden ermöglicht E-Autos, Strom nicht nur zu laden, sondern auch ins Netz oder Haus zurückzugeben. Der Wechselstrom (AC) wird beim Laden in Gleichstrom (DC) umgewandelt und beim Rückfluss wieder zu Wechselstrom konvertiert.
Welche Autos kann man als Stromspeicher nutzen?
Folgende Modelle unterstützen bidirektionales Laden: Cupra Born, Nissan Leaf, Skoda Enyaq und VW ID.3/4/5, die alle V2H und teils V2G bieten. Auch Hyundai Ioniq 5 / 6 und Kia EV6 unterstützen V2L (Vehicle-to-Load) zur Versorgung externer Geräte.
Welche Wallbox kann bidirektional laden?
Aktuelle Modelle wie Wallbox Quasar 2 (12,8 kW), openWB Pro (11–22 kW), Smartfox Pro Charger 2 (22 kW) und SolarEdge DC-Wallbox (24 kW) ermöglichen bidirektionales Laden. Achten Sie auf Kompatibilität mit V2H bzw. V2G.
Kann man einen Tesla als Stromspeicher nutzen?
Tesla unterstützt bisher kein bidirektionales Laden bei den Modellen S, 3, X und Y. Es wird vermutet, dass der Cybertruck V2L, V2H und V2V bieten könnte, was Teslas Interesse an zukünftigen Lösungen zeigt.
Warum werden nicht alle Autos mit bidirektionaler Ladetechnik gebaut?
Die Technologie erfordert spezielle Soft- und Hardware, welche Fahrzeuge verteuern. Zudem fehlen einheitliche Standards und es bestehen Bedenken zur Batteriehaltbarkeit. Hersteller und Netzbetreiber arbeiten jedoch aktiv an Lösungen für die Zukunft.
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